Weidenröschen, Mädesüß

Weidenröschen, Mädesüß
Heldenreisen, ungegrüßt,
fühl‘ die Sonne neben mir,
strahlt sie herzenswarm – aus dir.

Heidenstamm und Manneskraft,
Schmiedeeisen fabelhaft.
Kühl ich Worte überführ,
von oben runter – auf’s Papier.

Kriegesschießen, Mädemord.
Der Mensch sät Kreise – im Akkord.
Hör’ der Worte Hoffnung stöhnen,
mahnend ihr die Dornen krönen.

Denke, was der Mensch auch schafft,
Reichtümer! Dahingerafft.
Las er, schrieb, berechnete,
stritt, schlug und verfechtete.

Die Vollendung legt nun dar,
dass Endliches vom Anfang war.
Sich fragend nach dem Nutzen.
Es grübelt ihm ein Stutzen.

Phantasie die Märchen süßt.
Helden? – reisen ungeküsst.
Fühl’ die Sonne nicht mehr hier,
null, eins, zwei – und drei und vier.

Finsternis, wo nie ein Licht
furchtlos den Gedanken bricht,
wo kein Mythos, keine Muse,
wo kein Gott Hypotenuse

mit Menschen als Katheten
schön Dreiecke ergeben,
nicht Künste Kult gestalten,
Symbole Herzen spalten.

Sonnen steh’n im rechten Winkel,
ihm zugewandt der Dinkel.
So spinnen die Gesetze
Satz um Satz zur Tarnung Netze.

Doch nun, am andern Ende,
so blind – die Gegenstände,
kein Dämmern scheint der Wende.
“Komm! Zeig’ dich! – Blende!”

Wer hören kann, der höre!
Der Baum baumt! Ich schwöre!
Ihr fehlt! Ambassadeure!
Belügt uns! Kolporteure!

Einst deklamiert für immer
hervor aus dem Gewimmer:
Das Wort ist sein Gedicht.
“Los! schau mir in’s Gesicht!”

Nicht Götter, – Mäde! Süße!
Befreit ich ihn begrüße.
Kein Beten und kein Glaube,
wir fallen nicht zum Staube.

Wenn ich voll freier Liebe
das Menschliche beschriebe,
geriet dies Wort in ein Getriebe,
dass nichts mehr übrig bliebe.

Sonne, Mond und Sterne
sind Zeugnis in der Ferne
Wandelung im Molekül,
freudenlos ist mein Kalkül.

Dort gibt es Nichts zu sehen.
Unendlichkeiten wehen.
Nicht Zeit noch Raum geschehen.
Kein Werden. Kein Vergehen.

In Genen schleicht ein Wille
ins Diesseits aus der Stille,
verkündet Wunder der Natur
von Bedeutung keine Spur.

Ein Auftrag steht im Pentateuch:
“Seid fruchtbar, mehret euch.”
Wär‘ willentlich nur dieser Zweck,
wär‘ die Idee von Gott ein Gag.

Allein der Sinn – als Frage –
quält bis zum letzten Tage.
Im Trugbild letzter Ruhe
verschließen wir die Truhe.

Unterm Strich ist alles da.
Immer schon ES nicht geschah.
ES durch des Menschen Hände
kommt vor und hinter Wände.

ES schleicht in ein Bewusstsein,
deutet Bedeutung: Eckstein.
Die Wahrheit kommt mit Härte,
der Geist den Weg versperrte.

Was Dasein scheint ist Küste,
vor ewig weiter Wüste.
Aus ihr will ES zum Strande,
herangespült im Sande.

Was ES vorzubringen hat,
ist vorzugsweise eine Stadt,
liebende Menschenkinder.
Das sieht doch selbst ein Blinder.

Röschendorn in Mäde’s Schoß,
Helden wachsen ahnungslos.
Blind geborener Muttersohn,
bauen wird er Babylon.

Nicht groß! Der Tod ist kleiner.
Das Leben ist gemeiner.
Geschichten, die das Leben schreibt,
am Ende keine übrig bleibt.

Doch kommt jetzt vor,
was kommen muss.
Mit Lug und Trug
ist schließlich Schluss.

Käme nichts!
Dann wär’s auch nicht gewesen!
Wäre nichts!
Dann wär’ kein Text zu lesen!

Das Gewissen lässt umfassen,
also(!) muss demütig erblassen,
was tröstend Schönheit sieht, –
was nicht der Reue Kraft entflieht,

was die Gerechtigkeit gebracht,
verständnisvoll Vernunft bewacht:
Das ist das Liebende, das liebt.
Das ist das Gebende, das gibt.

Und wieder Krieg ins Leben schießt,
erst nach dem Sterben wird geküsst.
(Denn dieses Leben ist die Reise.
Ansonsten – ist es Scheiße.)

Weidenröschen, Mädesüß,
Heldenreisen, ungegrüßt,
fühl‘ die Sonne neben mir,
strahlt sie herzenswarm – aus dir.

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